Toxische Freundschaft – mein Weg aus sieben Jahren Abhängigkeit

Er ist für dich ein Freund. Fast einer der wichtigsten in deinem Leben. Du lässt nichts über ihn kommen und egal, was er tut. Du findest immer eine Entschuldigung für sein Verhalten. Manchmal, trägst du seine Schuld auf deinen Schultern, nur, damit andere endlich aufhören, gegen ihn zu reden.
Über sieben Jahre war ich gefangen in einer der schönsten und zugleich schlimmsten Verbindungen, die man sich vorstellen kann – eine toxische Freundschaft, die mein Innerstes Stück für Stück zerfraß.

Wir lernten uns damals in World of Warcraft kennen. Es begann einfach und schwerelos. Doch schnell entwickelte sich daraus mehr, als nur ein Weg Begleiter durch eine virtuelle Welt. Er wurde zu einem Ankerpunkt.
Ich vertraute ihm mein ganzes Leben bis ins kleinste Detail an. Zusammen lachten wir, wir fluchten oder wir hatten einfach Spaß.
Nun ja. Hatten wir Spaß? Mir war anfangs nie wirklich bewusst, dass der Spaß dann entstand, wenn wir taten, was er wollte. Nicht das, was ich wollte.
Er war in den finsteren Zeiten meines Lebens für mich da. Ich wusste es immer und ich werde es auch nicht vergessen. Ich war dankbar, ihn als Stütze zu haben. Er machte mir Geschenke und wies mich immer wieder daraufhin: Freunde machen so etwas. Bei Freunden gehört sich so etwas.

Die letzten Jahre bekamen Brüche. Ich traute mich öfters, einfach nein zu sagen. Ich ging soweit, dass ich mich anderen Menschen anvertraute. Niemand mochte ihn. Niemand. Mir zuliebe, haben sie geschwiegen. Ein anderer Jemand half mir damals, ihn zu verbannen. Er entfernte ihn aus meinem Leben, als wäre er nur eine Datei im Papierkorb.
Leider kann man den Papierkorb widerherstellen, wenn er nicht komplett bereinigt ist.

Und genau das passierte. Als ich letztes Jahr am Tiefpunkt meines Lebens ankam, öffnete mein Mann das Archiv und holte ihn zur Hilfe. Er selbst schaffte es nicht, an mich ranzukommen. Aber er – war sonst immer für mich da.
Das war ein Akt aus Verzweiflung.

Zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch meinen alten Blog – den natürlich auch er kannte. Dieser war jedoch etwas mehr privat und ein Platz, für die Lasten meiner Seele. Er schien Genugtuung daran zu finden, wenn ich litt… und teilte die links meiner Beiträge mit allen Menschen, die mich hassten.
Er sagte mir sogar, dass diese meine Beiträge lesen. Er log mich an und versprach mir, dass er nie meinen Blog teilen würde. Er verdrehte, was er konnte. Er würde mir nie wehtun. Freunde tun so etwas nicht.

Ständig rieten mir alle, ich soll mich endlich von ihm lösen. Aber ich konnte es nicht. Was passiert dann? Ich kann ihn nicht verletzen! Wenn ich ihm Vorwürfe mache oder ihn auf sein Verhalten anspreche – dann wird er wieder wütend! Er konnte nie mit Kritik umgehen …und das machte jede Konfrontation zu einem Drahtseilakt.

Vor ein paar wenigen Monaten traf ich auf einen anderen Freund. Niemand kennt ihn. Nur ich.
Ich erzählte ihm alles und er ging die Sache als neutral Außenstehender an. Und er schaffte es, mich wach zu rütteln.
Er schaffte, was viele andere Menschen aus meinem Leben nicht schafften.

Eigentlich war es eine Lappalie. Ein Moment, in WoW. Eine Kleinigkeit, die einfach reichte, um schließlich das Fass zum Überlaufen zu bringen.
Ich schlief eine Nacht drüber. Dann schrieb ich ihm. Ich schrieb, dass ich das nicht mehr kann. Dass ich nicht mehr will und er aufhören soll, mir ständig schlechte Gewissen einzureden.
Ich verabschiedete mich. Und blockierte ihn.

Ein paar Tage später sollte ich die Wahrheit rausfinden.
Ich nahm Kontakt zu der damaligen Freundin auf. Entschuldigte mich für das, was zwischen uns vorgefallen war.
Und sie wusste mehr, als wie ich dachte. Sie schickte mir Screenshots. Er wollte Rache.

Einer seiner Sätze:

Dann hänge ich meinen Beruf als Spion wieder in den Schrank und werde ein netter Mensch.

Das hat geprägt.
Mein Ergebnis sind Angst vor Vertrauen. Sind Albträume. Sind Schmerz.

Heute schreibe ich diese Zeilen nicht als Warnung, sondern als Abschluss. Einer toxischen Freundschaft. Meiner Geschichte.

Ich weiß, dass er diesen Blog finden, lesen und verfolgen wird.
Doch ich habe es gelernt, aus mir herauszuwachsen. Ich habe lange genug überlebt. Nun lebe ich.
Ich habe jemanden an meiner Seite, der mich auffangen sollte, wenn es sein muss. Nicht jemanden, der mir die Worte im Mund verdreht.

Sieben Jahre.
Und nun bin ich frei.

Mehr über meine Gedankenwelt findest du hier.

Wenn du selbst in einer toxischen Beziehung steckst, findest du Hilfe und erste Anlaufstellen z. B. bei beziehungsdynamik.de

💖 Danke für deine Reaktion!

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